Die Macht der Verbundenheit – Wie Beziehungen unser Leben verlängern und unsere Gesundheit entscheidend beeinflussen

Mit der besten Freundin so richtig laut lachen, sich mit dem Partner oder der Partnerin vertragen, einem wichtigen Menschen bei einem Problem helfen. Sich verbunden, verstanden, zugehörig und gesehen fühlen. Das alles fühlt sich gut an und darüber hinaus tut es uns auch noch gut.

Doch tatsächlich fühlen sich immer mehr Menschen heutzutage einsam und wünschen sich mehr Zugehörigkeit und gute Beziehungen. Das heutige Paradigma des Erfolgsmenschen ist oft geprägt von der Vorstellung eines Einzelkämpfers, der sich gegen alle Widrigkeiten ganz allein nach oben kämpft. Als Vorbilder dienen dafür Steve Jobs und Co. Wenn Millennials heute nach ihren Zielen im Leben gefragt werden, dann geben 80% an, sie wollen reich und ein großer Teil davon, auch berühmt sein.

Doch eine Studie aus Harvard zeigt nun zum ersten Mal ganz klar, was Menschen wirklich glücklich macht. Gute Beziehungen zu Menschen, die wir mögen, vertrauen oder sogar lieben, sind sehr wichtig für unsere Gesundheit. In Bezug auf unsere mentale Gesundheit ist das schon lange kein Geheimnis mehr, sondern eher Allgemeinwissen. Doch wirkt es sich auch auf unsere körperliche Gesundheit aus?

Zwischen Job, Karriere, Familie und Freizeit ist es gar nicht immer leicht gute Beziehungen zu pflegen. In einem berühmten TED-Talk spricht der Leiter dieser Studie, Professor Robert Waldinger, über die Erkenntnisse der längsten Studie, die jemals gemacht wurde. Der Glaubensgrundsatz vergangener Generationen: „Wenn ich viel arbeite und auf der Karriereleiter aufsteige, dann verdiene ich mehr und dann werde ich auch glücklicher sein.“ wird heute immer noch von vielen vertreten. Doch die Studie entlarvt diesen Trugschluss zum ersten Mal mit evidenzbasierten Daten.

„Als die Studie begann, kümmerte sich keiner um Empathie oder Verbundenheit.“

Sie ist die erste und wird wohl auch die einzige Studie bleiben, die über 80 Jahre durchgeführt wurde und bis heute weiterläuft. Normalerweise werden Studien nie so lange durchgeführt. In der Regel geht nach einer Zeit die Förderung aus, die Studie wird abgebrochen, weil z.B. der Studienleiter geht oder Anderes. Die Harvard Grant Studie wurde 1938 ins Leben gerufen und umschloss anfangs 2 Gruppen von Männern. Die erste Gruppe umfasste eine Gruppe Studierender an der Universität von Harvard, die zweite eine Gruppe Jungen aus dem ärmsten Viertel von Boston. Diese Männer (denn damals gab es noch keine Frauen an der Uni) wurden über ihr Leben interviewt. Über die Jahre untersuchten die Wissenschaftler die Gesundheitsverläufe der Probanden und ihr gesamtes Leben, mit samt den Erfolgen und Misserfolgen, Karriereauf- & abstiegen, sowie den Ehen der Probanden.

„Das überraschende Ergebnis ist, das unsere Beziehungen und wie glücklich wir in unseren Beziehungen sind, einen starken Einfluss auf unsere Gesundheit haben“ sagt Prof. Waldinger, der Direktor der Studien, ein Psychiater an dem Massachusetts General Hospital und ein Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School. „Sich um seinen Körper zu kümmern ist wichtig, aber Beziehungen zu pflegen ist auch eine Art sich um sich selbst zu kümmern, das ist die Offenbarung.“ Die Studie zeigte, dass das, was die Probanden glücklich machte, mehr noch als Geld und Berühmtheit, enge Beziehungen waren. Diese Verbindungen schützten sie vor den Enttäuschungen des Lebens und halfen dabei mentalen und körperlichen Verfall hinauszuschieben. Sie sind bessere Prädiktoren für ein langes und glückliches Leben. Besser als Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Schicht, IQ, oder auch Gene. Diese Erkenntnis zeigte sich sowohl unter den Harvard Männern als auch unter den Bostoner Teilnehmern.

Die Wissenschaftler durchforsteten im Rahmen der Studie einen riesigen Datensatz, der medizinische Krankenakten und hunderte von Personeninterviews und Befragungen enthielt. Dabei fanden sie eine starke Korrelation zwischen den Beziehungen der Männer zu ihren Familien, Freunden und ihrer Gemeinschaft und dem Aufblühen ihres Lebens. Einige Studien fanden, dass das Level der Zufriedenheit von Personen mit den Beziehungen in ihren 50ern ein besserer Prädiktor für ihre körperliche Gesundheit ist als ihr Cholesterinlevel. Die Menschen, die am zufriedensten mit ihren Beziehungen mit 50 Jahren waren, waren später die gesündesten 80-Jährigen. Sie fanden auch heraus, dass die, die sich sicher mit ihren Partnern verbunden fühlten, trotz Streitereien das Gefühl hatten sich auf ihren Partner verlassen zu können, weniger depressiv waren, bessere Gedächtnisfunktion hatten und glücklicher in ihren Beziehungen waren. „Gute Beziehungen schützen nicht nur unseren Körper, sondern auch unser Gehirn.“ sagt Waldinger. Die Forscher fanden heraus, dass diejenigen mit guter sozialer Unterstützung weniger mentalen Verfall zeigten.

Längeres Leben durch gute Beziehungen

Laut Waldinger lebten diejenigen, die gute Beziehungen führten länger und glücklicher und diejenigen die einsam waren starben oft früher. „Einsamkeit tötet" sagte er. „Sie ist genauso tödlich, wie Rauchen oder Alkohol.“

Die Forscher erkannten, das Altern ab der Geburt beginnt und Menschen sich zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens um sich kümmern sollten.

„Altern ist ein stetiger Prozess“ sagt Waldinger. „Es ist häufig erkennbar, wie Menschen beginnen sich ab ihrem 30 Lebensjahr in ihrer Gesundheitslaufbahn zu unterscheiden, so dass es sich lohnt sich frühzeitig um sich selbst zu kümmern, um für sich selbst einen besseren Kurs fürs Altern einzuschlagen.“ Der beste Ratschlag, den er geben kann, ist „Kümmere dich um dich um deinen Körper, als würdest du ihn für 100 Jahre brauchen, denn vielleicht tust du es.“

Im Verlauf der Studienlaufbahn wurden auch die Frauen der männlichen Studienteilnehmer eingeschlossen und später auch ihre Kinder und Enkel, und die Ergebnisse über gute Beziehungen und ein stabiles soziales Netz zeigte sich geschlechtsunabhängig, also auch für Frauen.